Dieser Artikel stellt keine politische Meinung dar, sondern soll sich auf die wesentlichen Fakten der Abstimmung vom 19.5.2019 konzentrieren.
Seitdem die Unternehmenssteuerreform III vom Volk abgelehnt wurde und sich die Schweiz auf Grund der steuerlich privilegierten Gesellschaften auf die graue Liste der Europäischen Union verirrt hat, wird mit Hochdruck an der Abschaffung der steuerlichen Privilegien gearbeitet und versucht dies nun erneut im Rahmen der Steuervorlage 2017 umzusetzen.
Der Sachverhalt ist komplex und durch Verknüpfung mit der AHV entfällt auch die Einheit der Materie und das ganze Geschäft ist für Laien noch schwieriger zu verstehen.
Die eigentliche Unsicherheit resultiert aus dem folgenden Sachverhalt:
Die meisten privilegierten Gesellschaften, welche nicht über einen Beteiligungsabzug verfügen, sind für den Gewinn, welchen sie in der Schweiz erwirtschaften privilegiert besteuert und bezahlen meist auf Kantonsebene auf dem Gewinn gar keine Steuern. Nebst einer meist zu vernachlässigenden Kapitalsteuer auf Kantonsebene, bezahlen viele dieser Firmen lediglich Direkte Bundessteuern von 8.5% auf dem Gewinn.
Gemäss verschiedener Informationsquellen, macht die Direkte Bundessteuer ca. 33% der Einnahmen des Bundes aus. Davon werden wiederum ca. 15% durch die privaten Haushalte bezahlt. Die restlichen ca. 16%, wohlgemerkt noch ca. 10.6 Mia., werden zu ca. 50% durch die ordentlich steuerpflichtigen Unternehmen beigetragen, die restlichen 5.3 Mia., also ca. 8% der Gesamteinnahmen des Bundes, werden durch die privilegiert steuerpflichtigen Unternehmen getragen.
Die Frage, welche im Raum steht, ist entsprechend, was passiert mit den privilegierten Unternehmen, wenn die Steuerprivilegien mit der Steuervorlage 2017 fallen. Welche Firmen sind «Steuernomaden», welche ihren Sitz sogleich in ein steuerlich attraktiveres Land verlegen und welcher Anteil wird in der Schweiz bleiben und fortan höhere Steuern abliefern. In welchem Umfang muss die Schweiz die Besteuerung für alle Gesellschaften attraktiver machen um die privilegierten Grosskonzerne bei uns halten zu können? In welcher Höhe kann die Lücke, welche durch den Weggang der privilegierten Gesellschaften entsteht, durch die steuerlichen Mehreinnahmen der Gesellschaften, welche in der Schweiz fortan ordentlich besteuert werden, gedeckt werden? Wie viele privilegierte Gesellschaften sind nur in der Schweiz wegen der Steuerprivilegien ohne unsere anderen Privilegien nicht auch zu schätzen (stabile Wirtschaftslage, gut ausgebildete Arbeiter, zentral in Europa etc.)? Ob und in welcher Höhe können andere, von der EU mehrheitlich anerkannte Privilegien die Lücke des Wegzugs stopfen?
Die meisten dieser Fragen können nicht abschliessend beurteilt werden und hinterlassen eine gewisse Unsicherheit in einem Kapitalstaat der nicht unwesentlich von reichen Gesellschaften abhängig ist. Erst die Zukunft wird abschliessend zeigen, ob wir bei der Steuervorlage 2017 richtig vorgegangen sind.